Ein Fahrzeugbesitzer (Kläger) überließ einer Bekannten seines Stiefsohnes (Beklagte) sein Fahrzeug, um den Stiefsohn, der keinen Führerschein besaß, in den nächsten Ort zu bringen. Bei dieser Fahrt kam es durch einen Fahrfehler zu einem Unfall, bei dem der PKW stark beschädigt wurde. Gelenkt wurde das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt angeblich vom Stiefsohn des Klägers. Gegenüber der Polizei, die den Schaden aufnahm, gaben die beiden an, dass die Bekannte des Stiefsohnes – also die Beklagte - den PKW gelenkt habe, was sie allerdings später widerrief.
Der Fahrzeugbesitzer begehrte von der Bekannten des Stiefsohns Schadenersatz. Er hatte ihr das Fahrzeug erst überlassen, als er sich davon überzeugt hatte, dass sie einen Führerschein besitzt und lt. Kraftfahrgesetz (KFG) hätte sie ohne die Zustimmung des Zulassungsbesitzers das Fahrzeug nicht weitergeben dürfen (KFG § 102 Abs 8). Die Beklagte wandte ein, dass sich diese Regelung im KFG auf die Vermeidung einer Schädigung anderer Verkehrsteilnehmer beziehe, nicht aber auf die Schädigung des Zulassungsbesitzers und sie sei vom Kläger – also vom Fahrzeugbesitzer - nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass dessen Stiefsohn keinen Führerschein besitzt, weshalb kein verbotswidriges Verhalten vorliege.
Der OGH befand die Bekannte des Stiefsohns als schuldig und bezog sich in seinem Urteil (2Ob222/17m) ebenfalls auf den § 102 des KFG, welcher die Allgemeinheit vor Schäden schützt, die wegen der mangelnden Fahrtauglichkeit eines Lenkers drohen. Im gegenständlichen Fall ist auch der Zulassungsbesitzer von diesem Schutz umschlossen. Wenn die Beklagte das Fahrzeug weitergegeben hat, dann habe sie die Pflicht des §102 KFG verletzt, weil sie dem Fahrzeughalter – in diesem Fall dem Kläger - nicht die Möglichkeit eingeräumt hat zu beurteilen, wem er sein Fahrzeug überlässt. Hätte die Beklagte dem Stiefsohn das Fahrzeug nicht überlassen, wäre der Schaden nicht eingetreten. Außerdem hätte sie aufgrund ihrer Lebenserfahrung wissen müssen, dass ein Lenker ohne Lenkerberechtigung die Herrschaft über ein von ihm gelenktes Fahrzeug verlieren kann.